Windelfrei, auch „natürliche Säuglingspflege“, „topffit“ oder „Babys ohne Windeln“ genannt, bezeichnet die Kommunikation mit einem Baby über sein Ausscheidungsbedürfnis. Wenn ein Baby geboren wird, signalisiert es uns deutlich, wenn es Hunger hat oder wenn es müde ist. Ebenso ist es bei der Ausscheidung: Auch das Bedürfnis sauber zu bleiben teilen uns Babys über ihr Verhalten mit. Reagiert die meist erwachsene Person darauf, indem sie dem Baby das Ausscheiden an einem dafür geeigneten Ort ermöglicht („abhalten“ genannt), behält das Baby die Wahrnehmung über seinen Körper und dessen Vorgänge.
Am besten beginnt man mit natürlich windelfrei zwischen der Geburt und dem 3./4. Monat, weil die aktiven Signale des Babys bis zu diesem Alter am stärksten ausgeprägt sind. Wenn bis zu diesem Alter nicht auf die Signale reagiert wird, beenden viele Babys ihre Mitteilung und erleichtern sich von nun an mehr oder weniger unbemerkt in die Windel. Das führt dazu, dass sich die Empfindung über die Ausscheidung zusehends entfremdet, bis diese zu einem späteren Zeitpunkt (bei uns ist ein Alter zwischen drei und vier Jahren üblich) neu erlernt werden muss. Trotzdem ist auch ein späterer Start mit Windelfrei jederzeit möglich! Einige Kinder bleiben sich über diese Körpervorgänge bewusst bzw. erinnern sich schneller wieder daran. Windelfrei kann auch das bei uns klassische Töpfchentraining ersetzen.
Die Fakten
Bereits Neugeborene halten ihren Schließmuskel aktiv (Gladh et al., 2000) und entleeren ihre Blase komplett (Yeung et al., 1995). Bereits 1977 wurde darüber berichtet, dass der Zeitpunkt des Sauberwerdens stark von soziokulturellen Faktoren abhängig ist – und nicht von der Biologie bestimmt wird (de Vries & de Vries). Das frühe Eingehen auf die kindlichen Ausscheidungen führt zu weniger Harnwegsfunktionsstörungen und früher erlangter Kontinenz (Yang et al., 2011). Windelfrei aufwachsende Babys sind vergleichsweise früh und zuverlässig sauber und trocken (Rugolotto et al., 2008), mit vollendetem zweiten Lebensjahr kümmern sich die meisten von ihnen völlig selbstständig um ihre Ausscheidung (Duong et al., 2012).
Windelfrei ist kein Sauberkeitstraining!
Es geht um die Kommunikation, um die Befriedigung eines (bei uns vergessenen) Bedürfnisses, um die Aufrechterhaltung des Körperempfindens. Das Ziel ist nicht, dass die Kinder früher trocken werden – auch wenn dies bei windelfrei aufwachsenden Kindern meist ein willkommener Nebeneffekt ist.
Windelfrei ist keine Konditionierung!
Das private Umfeld oder öffentliche Medien bringen Windelfrei immer wieder mit Konditionierung in Zusammenhang. Was Windelfrei wirklich ist und worauf es basiert, erkläre ich in diesem Video: