Baby-Eltern-KOMMUNIKATION. Oder: Woher ich weiß, dass sie mal muss
Kommunikation ist ein fehleranfälliger Vorgang. Man braucht dafür einen Sender, einen Empfänger und natürlich die Nachricht. Zu den zwei Ebenen, auf denen eine Nachricht gesendet werden kann, nämlich verbal (gesprochen) und nonverbal (Körpersprache, v. a. Gestik und Mimik), kommen nach Schulz von Thun (4 Ohren-Modell) noch die vier Münder beim Sender sowie die vier Ohren beim Empfänger (je bezogen auf Sachliches, Beziehung, Wunsch und Selbstoffenbarung). Man kann also eine Nachricht unterschiedlich meinen (Sender) und auch unterschiedlich verstehen (Empfänger). Zudem hängt die Interpretation einer Nachricht auch ab von der Kultur („Windelfrei“ ist dafür das beste Beispiel ;-) ), der aktuellen Stimmung oder dem (Nicht-)Erziehungsmodell.
Kommunikation mit Babys
Bei Babys kommen noch mehr Faktoren dazu, welche die Kommunikation mit ihrem Umfeld erschweren, z. B. Unerfahrenheit oder Entwicklungsstand – zumindest, wenn wir eine ähnliche Kommunikation wie mit Erwachsenen erwarten. Babys drücken ihre Bedürfnisse viel „ursprünglicher“ aus, d. h. ganz nahe an ihr Körperempfinden angelehnt. So kann Unruhe und Bauchanspannen auf ein Geschäftsbedürfnis hindeuten, und Nuckeln und Suchen mit dem Mund auf Hunger. Die Mitteilung erfolgt also vor allem über das Verhalten auf der Grundlage des jeweiligen Bedürfnisses.
In unserer Kultur haben wir großteils verlernt, diese subtilen Signale von Babys wahrzunehmen. Doch wir können sie auch wieder erlernen, das heißt darauf achten, erkennen und verstehen. In Bezug auf die Ausscheidungsbedürfniskommunikation sieht es bei uns z. B. Folgendermaßen aus.
Signale fürs Geschäftemachen
So teilt mir die Babydame mit, dass sie „mal muss“:
- Meckern wie eine Ziege
- Quietschen, singen in hoher Tonlage
- Strampeln
- Am eigenen oder fremden Finger/Hand nuckeln
- Tiefes Brummen
- Im Tragetuch anspannen, „aufstehen“
- Unruhe
- Längeres stillen als sonst
- Unruhiges stillen (v. a. nachts)
- Stillen, wegdrehen, stillen, wegdrehen
- Nicht stillen trotz Müdigkeit und Hunger
- Beißen und brummen beim stillen
- Im Anschluss an ein Stillende von ihrer Seite an den eigenen Fingern weiternuckeln
- Weinend aufwachen
- Über alles beschweren/nichts passt
- Plötzliches Schwerwerden/kaum Körperspannung/hängenlassen, als ob sie eingeschlafen wäre
- Wind (Wind mit Geruch deutet oft auf ein baldiges großes Geschäft hin)
- Andere Atmung als sonst/Atem anhalten (v. a. nachts)
- Zusammenziehen/zusammenkrümmen beim Tragen am Arm
- Nur kurzes Schlafen mit Aufwachen ohne erkennbaren Grund
- Überall anknabbern (alle Zähne sind noch versteckt)
- Drücken
- Weinen (wenn ich ihr Geschäftsbedürfnis längere Zeit nicht mitbekam)
- Ein mini Geschäft/„Warnschuss“ (wenn ich ihr Geschäftsbedürfnis längere Zeit nicht mitbekam)
Eine ziemlich lange Liste, deren Punkte ich etwa einen Monat lang gesammelt habe. Ein paar Verhaltensweisen werden von ihr aktuell kaum mehr gezeigt bzw. für die Kommunikation eines Geschäftsbedürfnis genutzt (z. B. am eigenen oder fremden Finger/Hand nuckeln).
Damit ist jetzt alles klar!? Denkste!
Die Kommunikation ist auch mit einem etwa 5 Monate jungen Baby bereits relativ komplex. Die Babydame benutzt eine sehr breite Palette an Signalen, um ein und das selbe Bedürfnis zum Ausdruck zu bringen. Umgekehrt ist jedoch keine dieser Verhaltensweisen ein eindeutiger Hinweis auf Ich-muss-mal-Geschäfte-machen bzw. Ich-möchte-abgehalten-werden! Auch Wind kann einfach nur Wind sein.
Die meisten Verhaltensweisen können eine ganze Palette von Gefühlen und Wünschen ausdrücken. Dabei ist Strampeln das mehrdeutigste Signal überhaupt. Es wird von der Babydame für so gut wie alles verwendet: Geschäfte machen, Langeweile, bitte umdrehen, ich möchte hier zusehen, bitte anderswo hingehen, es gefällt mir nicht mehr, ich bin fertig, ich bin hungrig/will stillen … Es ist daher wichtig zu wissen, dass sämtliche Signale nur aus der Situation heraus interpretierbar sind, zusammen mit der Intuition.
Gut zu wissen
Beim Abhalten warte ich meist, bis mir die Babydame signalisiert, dass sie fertig ist. Denn sonst kann es sein, dass es zu einem Klassiker kommt: Ich denke, dass sie fertig ist, hebe sie vom stillen Örtchen … und werde von einem Geschäft überrascht.
Das Signal für Ich-bin-fertig ist oft ein Strecken (oder sie dreht sich weg oder versucht, vom stillen Örtchen, über das ich sie halte, herunterzukommen). In den ersten vier Monaten gab es allerdings zwei Arten von Strecken, deren Unterscheidung wichtig war! Einmal ein Strecken, das bedeutete „Ich will weg!“ („Ich bin fertig“, „Ich muss nicht“ oder „Ich will [hier] nicht abgehalten werden“) und sich eher wie ein vehementes Durchstrecken anfühlte. Die andere Art des Streckens kam mehr aus dem Bauch heraus, ein Strecken, das vor allem das große Geschäft erleichtern sollte und auch nur dann zum Einsatz kam. Bei dieser Art des Streckens war es ratsam, die Sitzung bzw. das Abhalten fortzusetzen …
Und wenn du jetzt glaubst, dass bei diesen vielen von mir erkannten Signalen immer alles im Töpfchen landet, muss ich dich enttäuschen. Doch wie viel und vor allem wann bzw. in welchen Situationen etwas daneben geht, ist eine andere Geschichte :-)
Jetzt bist erst mal du an der Reihe: Wie kommuniziert dein Kind mit dir? Was ist euer „Lieblingssignal“?
Mein Lieblingssignal ist der Stimmungswechsel: z.B. von ruhig im Arm liegend und rumschauen zu strampeln und gleichzeitig Gesicht verziehen.
Und auch das ist kein Garant für eine 100% Trefferquote. Manchmal muss sie dann nur aufstoßen :-)
Schön, Lieblingssignal *lach* ja, ein Klassiker