Ich gehe davon aus, dass du eine Vorstellung von „Bedürfnisorientierung“ hast.
Schließlich bist du hier auf meinem Blog ;-) (Falls nicht oder falls du dir nicht sicher bist, lies gerne einmal den Artikel Bedürfnisorientierung: Stillen und Tragen reicht nicht!)
Doch was, wenn z. B. dein Partner oder deine (Schwieger-)Eltern einen „klassischen“ Erziehungsweg gewählt haben? Und ihr deshalb immer wieder in Streit gerät, weil sie nicht verstehen, warum du kein einfaches „Nein! Das darfst du nicht!“ verwendet möchtest?
Sarah war genau in dieser Situation. Sie wollte ihrer Tochter Alternativen zum „Nein!“ anbieten. Sie wollte ihr eine Ja-Umgebung schaffen. Und sie wollte ihre Tochter nicht vor den Kopf stoßen. Auch wenn ihre Tochter gerade erst ein Jahr alt war.
Doch ihr Partner hat sich über dieses Vorgehen geärgert und es selbst anders gemacht.
„Kinder müssen erzogen werden!“
„Kinder müssen verstehen lernen, dass es Grenzen gibt!“
„Was wird denn sonst später aus ihnen!?!“
Kommt dir das bekannt vor? ;-)
Willst du wissen, was Sarah dann gemacht hat?
Eine Ja-Umgebung
Sarah weiß, dass ihr Mann keine bösen Absichten mit seinem Handeln hat. Sie weiß, dass er dem folgt, was er selbst (in seiner Kindheit) gelernt hat und für wahr hält. Sie weiß, dass er das Beste für ihre gemeinsame Tochter und die Familie möchte.
Also hat Sarah Ja gesagt. Ja, mein Mann darf so bleiben, wie er ist.
Gleichzeitig hat sie gewichtige Informationen zusammengetragen, um ihren Standpunkt darlegen zu können. Um sich selbst verständlich zu machen, warum ihr dieser Punkt so wichtig ist.
Und weißt du, was dann passierte?
Sie musste ihrem Mann diese Informationen gar nicht mehr zeigen!
Er hat die Akzeptanz seines Standpunktes gemerkt und sich von sich aus auf Sarahs Ansicht eingelassen. Die geplante Überzeugungsarbeit war gar nicht mehr notwendig.
Für dich!
Doch die Präsentation hat Sarah ja schon erstellt!
Damit das Zusammenstellen dieser Informationen zum Nein-Sagen nicht umsonst war und auch viele davon profitieren können, darf ich dir Sarahs Präsentation zur Verfügung stellen!
Für dich und deine innere Sicherheit. Für deinen Partner und deine Verwandten. Für Freunde. Für alle, die es interessiert und an die du diese Informationen weitergeben möchtest.
—>Klick hier für die Präsentation: Ab wann versteht ein Kind Verbote?<—
Warum kein Nein!?
Meine Anmerkungen dazu:
Bei einem Nein wird die Handlung und das Vorhaben abgestoppt.
Kinder sind lange nicht in der Lage, das zu verarbeiten. Es fällt uns Erwachsenen ja schon schwer:
„Denk nicht an einen rosa Elefanten!“
„Sei nicht so aggressiv!“
„Jetzt sei doch mal locker!“
Kannst du auf Aufforderung locker sein? Kannst du einfach so aufhören, aggressiv zu sein, wenn es doch etwas gibt, worauf du gerade wütend bist? Kannst du an etwas nicht denken, das dir gerade gesagt wurde?
OK, verstanden. Ein Nein und ein abruptes Abstoppen ist schwierig.
Ein alleiniges „Nein!“ oder Verbot lässt das Kind alleine stehen.
Aber was dann?
Deshalb, wie in der Präsentation: Immer Alternativen bieten!
„Hier geht/passt es nicht, aber dort.“ (Z. B. „Ich möchte nicht, dass du auf der Wand malst. Aber schau mal, hier hast du ein großes Blatt Papier/Glasmalfarben und ein Fenster …, hier passt es prima!“)
„Das hier nicht, aber jenes.“ (Z. B. „Omas Porzellan-Becher soll unbedingt heil bleiben! Das passt leider nicht zum spielen. Aber schau mal, hier hast du einen Becher/ein Glas/einen Metallbehälter. Willst du damit weiter spielen?“)
Je mehr Handlungsunterbrechungen …
… umso mehr hat das Kind zu verarbeiten, umso gestresster und unruhiger ist sie/er möglicherweise.
Denk nur mal dran, wie es dir gehen würde, wenn dir dauernd jemand über die Schulter sieht und dir in den Arm fährt, dir etwas wegnimmt, dich wegträgt etc.
Wie lange würdest du dir so etwas gefallen lassen? Wahrscheinlich keine volle Stunde! Oder?
-> ein Kind, das so etwas erlebt und verarbeiten muss, schläft schlecht, wird unkonzentriert (ist mit der Aufmerksamkeit nicht mehr bei der Tätigkeit sondern achtet darauf, ob sie/er schon wieder unterbrochen werden wird), benötigt mehr Bestätigung und entwickelt ein geringeres Selbstbewusstsein als gestärkte Kinder. Oder schaltet ganz einfach ab, weil es eh keinen Sinn macht …
(Kurze Anmerkung: Das ist eine allgemeine Tendenz. Es kann individuell durchaus anders sein. Bitte denke auch daran, dass du Eltern, die viele unbegleitete Verbote in ihrer Erziehung verwenden, nicht verurteilst! Habe Verständnis für sie. Es ist ihr Weg. Kläre auf, wenn es erwünscht ist und es ein offenes Ohr gibt. Sonst lebe gerne vor. Frieden beginnt im Kleinen und meist in unserem Inneren.)
Kinder sind kooperativ und wollen gefallen
Mit der Zeit verinnerlichen Kinder die Regeln der Gesellschaft, in der sie leben, sehr genau. Und halten sich daran – solange sie keinen Grund zur Missachtung oder Rebellion haben (weil sie nicht ernst genommen wurden, sich nicht erfahren und ausleben dürfen, aufgrund ungerechtfertigter und unbegleiteter Neins etc.).
Wenn du also Angst hast, dass dein Kind ohne Erziehung nie lernen wird, beim Essen ruhig am Tisch zu sitzen: Lass dir und ihr*ihm Zeit!
Sie*Er wird mit 18 Jahren (bestimmt natürlich schon früher, aber das finde ich ganz nett ;-) ) niemand mehr stillen wollen, sich vor anderen Anwesenden die Hose ausziehen, mit essen matschen und werfen etc.
Die Lösung liegt im Abwarten und in der Begleitung der Entwicklung. „Das Gras wächst nicht schneller, wenn du daran ziehst!“ und „Du kannst den Fluss nicht schieben!“
Die Beziehung wird durch dein Abwarten und Begleiten stärker, auch die Beziehung des Kindes zu sich selbst (= gutes Selbstbewusstsein) und zu Bezugspersonen. Dadurch erfordert es vielleicht z. B. wenig/keine Rebellion in der Pubertät.
Sei gewarnt!
Gleichzeitig will ich eine Warnung aussprechen:
Das ist ein Weg, der absolut kostbar und wertvoll ist! Und manchmal sehr viel von einem, von dir abverlangt. Und das nicht nur im ersten Lebensjahr.
Letztens hat jemand von „unerzogen“ einen Artikel dazu geschrieben: Kinder, die quasi ab Geburt erzogen werden, sind eine ganze Weile braver und angepasster, so,“wie wir sie haben wollen“.
Hingegen nach 1 Jahr Beziehung statt Erziehung (oder welchen Namen auch immer du für diese Art des Familienlebens verwenden möchtest) hat das Kind schon mehr Persönlichkeit und lässt sich nicht mehr so einfach verbiegen. Dadurch können Wutanfälle stärker als sonst üblich ausfallen, wenn dann etwas Erziehung dazu kommt. Denn das Kind weiß ja, dass es bisher ernst genommen wurde und ist auch stark genug, das zu vertreten/einzufordern.
… egal, welchen Weg der Erziehung oder Nicht-Erziehung du für euch wählst: Es hat jeder seine Herausforderungen!
Ich sehe es mittlerweile ganz entspannt und kann es auch gut mit Windelfrei vergleichen: Nicht das Ziel ist relevant (dass das Kind „trocken“ ist bzw. dass das Kind brav und lieb ist, dass ihr ein harmonisches Familienleben habt), sondern das Warum, der Weg, das Tun.
Ich begleitete meine Kinder „windelfrei“, weil ich ihnen so ein Bedürfnis erfüllen kann und ihnen auf Augenhöhe begegnen kann. Weil ich dadurch in enger Beziehung mit ihnen sein kann. Weil ich möchte, dass auch mit mir so umgegangen wird, dass ich respektvoll und mit Vertrauen behandelt werde. Und aus dem selben Grund begleite ich sie (so weit es mir möglich ist) „unerzogen“ und gehe (immer öfter) in Beziehung statt Erziehung mit ihnen.
Wie ist es bei dir? Was ist dein WARUM? Wie gehst du mit Verboten um?
Hier nochmal der Link zur Präsentation: